Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG / Elektrogesetz) – Abschnitt 4 – Behandlungs- und Verwertungspflichten, Verbringung

§ 20 Behandlung und Beseitigung

(1) Altgeräte sind vor der Durchführung weiterer Verwertungs- oder Beseitigungsmaßnahmen einer Erstbehandlung zuzuführen. Vor der Erstbehandlung ist zu prüfen, ob das Altgerät oder einzelne Bauteile einer Vorbereitung zur Wiederverwendung zugeführt werden können. Diese Prüfung ist durchzuführen, soweit sie technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.

(2) Die Erstbehandlung und weitere Behandlungstätigkeiten haben nach dem Stand der Technik im Sinne des § 3 Absatz 28 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zu erfolgen. Bei der Erstbehandlung sind mindestens alle Flüssigkeiten zu entfernen und die Anforderungen an die selektive Behandlung nach Anlage 4 zu erfüllen. Andere Behandlungstechniken, die mindestens das gleiche Maß an Schutz für die menschliche Gesundheit und die Umwelt sicherstellen, können nach Aufnahme in Anhang VII der Richtlinie 2012/19/EU entsprechend dem Verfahren des Artikels 20 dieser Richtlinie ergänzend zu den Anforderungen nach Anlage 4 angewandt werden. Standorte für die Lagerung und Behandlung von Altgeräten müssen mindestens die technischen Anforderungen nach Anlage 5 erfüllen.

(3) Die Behandlung von Altgeräten kann auch außerhalb Deutschlands oder außerhalb der Europäischen Union durchgeführt werden. Die Voraussetzung hierfür ist eine ordnungsgemäße Ausfuhr, die insbesondere im Einklang steht mit

  1. der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 in der jeweils geltenden Fassung,
  2. der Verordnung (EG) Nr. 1418/2007 der Kommission vom 29. November 2007 über die Ausfuhr von bestimmten in Anhang III oder IIIA der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Abfällen, die zur Verwertung bestimmt sind, in bestimmte Staaten, für die der OECD-Beschluss über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen nicht gilt (ABl. L 316 vom 4.12.2007, S. 6), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 733/2014 (ABl. L 197 vom 4.7.2014, S. 10) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und
  3. dem Abfallverbringungsgesetz vom 19. Juli 2007 (BGBl. I S. 1462), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 34 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Altgeräte, die nicht entsprechend den Anforderungen der Absätze 1 und 2 behandelt wurden, dürfen nicht beseitigt werden.

§ 21 Zertifizierung

(1) Die Erstbehandlung von Altgeräten darf ausschließlich durch zertifizierte Erstbehandlungsanlagen durchgeführt werden.

(2) Der Betreiber einer Erstbehandlungsanlage ist verpflichtet, die Anlage jährlich durch einen geeigneten Sachverständigen zertifizieren zu lassen. Geeignet ist ein Sachverständiger, der

  1. nach § 36 der Gewerbeordnung öffentlich bestellt ist,
  2. als Umweltgutachter oder Umweltgutachterorganisation auf Grund einer Zulassung nach den §§ 9 und 10 oder nach Maßgabe des § 18 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 43 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, in dem Bereich tätig werden darf, der näher bestimmt wird durch Anhang I Abschnitt E Abteilung 38 der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Aufstellung der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige NACE Revision 2 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates sowie einiger Verordnungen der EG über bestimmte Bereiche der Statistik (ABl. L 393 vom 30.12.2006, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 295/2008 (ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 13) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, oder
  3. in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassen ist, seine Tätigkeit im Inland nur vorübergehend und gelegentlich ausüben will und seine Berufsqualifikation vor Aufnahme der Tätigkeit entsprechend den §§ 13a und 13b der Gewerbeordnung hat nachprüfen lassen; Verfahren nach dieser Nummer können über eine einheitliche Stelle abgewickelt werden.

(3) Der Sachverständige darf das Zertifikat nur dann erteilen, wenn

  1. in der Anlage die Durchführung sämtlicher Tätigkeiten einer Erstbehandlung möglich ist,
  2. die Anlage technisch geeignet ist, die Behandlungsanforderungen nach § 20 Absatz 2 einzuhalten, und
  3. an der Anlage alle Primärdaten nach § 22 Absatz 3 Satz 1, die zur Berechnung und zum Nachweis der Verwertungsquoten erforderlich sind, in nachvollziehbarer Weise dokumentiert werden.

Das Zertifikat gilt längstens 18 Monate. Der Sachverständige hat bei Beanstandungen dem Betreiber zur Erfüllung der Voraussetzungen nach Satz 1 eine dreimonatige Frist zu setzen, die nicht überschritten werden darf. Bei der Überprüfung der Voraussetzungen nach Satz 1 durch den Sachverständigen sind die Ergebnisse von Prüfungen zu berücksichtigen, die durchgeführt wurden

  1. von einem unabhängigen Umweltgutachter oder einer Umweltgutachterorganisation im Rahmen einer Prüfung gemäß Artikel 4 Absatz 5 und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 1),
  2. von einer nach DIN EN ISO/IEC 17021 akkreditierten Stelle im Rahmen der Zertifizierung eines Qualitätsmanagements nach DIN EN ISO 9001 oder 9004 oder
  3. auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften von Sachverständigen im Rahmen der Überprüfung von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes.

(4) Behandlungsanlagen gelten als Erstbehandlungsanlage im Sinne dieses Gesetzes zertifiziert, wenn der Betrieb Entsorgungsfachbetrieb ist und die Einhaltung der Anforderungen dieses Gesetzes geprüft und im Zertifikat nach § 56 Absatz 3 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes ausgewiesen ist.

§ 22 Verwertung

(1) Altgeräte sind so zu behandeln, dass

  1. bei Altgeräten der Kategorien 1 und 4
    a) der Anteil der Verwertung mindestens 85 Prozent beträgt und
    b) der Anteil der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings mindestens 80 Prozent beträgt,
  2. bei Altgeräten der Kategorie 2
    a) der Anteil der Verwertung mindestens 80 Prozent beträgt und
    b) der Anteil der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings mindestens 70 Prozent beträgt,
  3. bei Altgeräten der Kategorien 5 und 6
    a) der Anteil der Verwertung mindestens 75 Prozent beträgt und
    b) der Anteil der Vorbereitung zur Wiederverwendung und des Recyclings mindestens 55 Prozent beträgt und
  4. bei Altgeräten der Kategorie 3 der Anteil des Recyclings mindestens 80 Prozent beträgt.

(2) Der nach Absatz 1 jeweils geforderte Anteil wird dadurch berechnet, dass für jede Gerätekategorie das Gewicht der Altgeräte, die nach ordnungsgemäßer Erstbehandlung der Verwertungsanlage zugeführt werden, durch das Gewicht aller getrennt erfassten Altgeräte dieser Gerätekategorie geteilt wird. Vorbereitende Maßnahmen einschließlich Sortierung und Lagerung vor der Verwertung bleiben im Hinblick auf die Berechnung der Anteile nach Absatz 1 unberücksichtigt.

(3) Im Rahmen der Zertifizierung nach § 21 Absatz 2 und 3 muss der Betreiber der Erstbehandlungsanlage nachweisen, dass er alle Aufzeichnungen über das Gewicht der Altgeräte, ihrer Bauteile, Werkstoffe und Stoffe führt, wenn diese

  1. der Erstbehandlungsanlage zugeführt werden,
  2. die Erstbehandlungsanlage verlassen,
  3. der Verwertungsanlage zugeführt werden und
  4. die Verwertungsanlage verlassen.

Die Betreiber der weiteren Behandlungs- und Verwertungsanlagen stellen zu diesem Zweck dem Betreiber der Erstbehandlungsanlage die entsprechenden Daten zur Verfügung. Der Betreiber einer Erstbehandlungsanlage ist verpflichtet, die von ihm erfassten Daten den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern, Herstellern, im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 deren Bevollmächtigten, den Vertreibern und den entsorgungspflichtigen Besitzern nach § 19 mitzuteilen, soweit sie zur Ermittlung von Mengenströmen diese Daten für die Erfüllung ihrer Pflichten nach den §§ 26, 27, 29 und 30 benötigen.

(4) Altgeräte, die aus der Europäischen Union ausgeführt werden, dürfen nur dann bei der Berechnung der in Absatz 1 festgelegten Anteile berücksichtigt werden, wenn

  1. die Ausfuhr entsprechend § 20 Absatz 3 erfolgt und
  2. der Exporteur im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 und der Verordnung (EG) Nr. 1418/2007 bewiesen hat, dass die Behandlung unter Bedingungen erfolgt ist, die den Anforderungen nach § 20 gleichwertig sind.

§ 23 Anforderungen an die Verbringung

(1) Gebrauchte Elektro- und Elektronikgeräte, bei denen es sich möglicherweise um Altgeräte handelt, dürfen nur nach Maßgabe der Anlage 6 in den, aus dem und durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.

(2) Die zuständigen Landesbehörden sowie die zuständigen Behörden nach § 14 Absatz 1 und 2 Satz 1 des Abfallverbringungsgesetzes überwachen die Einhaltung der Vorgaben des Absatzes 1. § 11 Absatz 2 Satz 2 und 3 des Abfallverbringungsgesetzes gilt entsprechend.

(3) Die Kosten angemessener Analysen und Kontrollen, einschließlich der Lagerungskosten, von gebrauchten Elektro- und Elektronikgeräten, bei denen es sich vermutlich um Altgeräte handelt, können denjenigen Herstellern oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 deren Bevollmächtigten, den in ihrem Namen oder Auftrag handelnden Dritten oder anderen Personen auferlegt werden, die die Verbringung von gebrauchten Elektro- und Elektronikgeräten, bei denen es sich vermutlich um Altgeräte handelt, veranlassen.

(4) Es wird widerlegbar vermutet, dass ein Gegenstand ein Altgerät ist und eine illegale Verbringung vorliegt, wenn

  1. die entsprechenden Unterlagen gemäß Anlage 6 zum Nachweis, dass es sich bei einem Gegenstand um ein gebrauchtes Elektro- oder Elektronikgerät und nicht um ein Altgerät handelt, fehlen; für diese Unterlagen hat der Besitzer, der die Beförderung veranlasst, zu sorgen,
  2. die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend zur Beurteilung sind, oder
  3. ein angemessener Schutz vor Beschädigung bei der Beförderung und beim Be- und Entladen, insbesondere durch ausreichende Verpackung und eine geeignete Stapelung der Ladung, fehlt; für den angemessenen Schutz hat der Besitzer, der die Beförderung veranlasst, zu sorgen.
    In diesem Fall gelten die Artikel 24 und 25 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006.

(5) Die zuständigen Behörden nach § 14 Absatz 1 und 2 Satz 1 des Abfallverbringungsgesetzes überwachen die Verbringung von Altgeräten, insbesondere Ausfuhren aus der Europäischen Union, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, der Verordnung (EG) Nr. 1418/2007 und dem Abfallverbringungsgesetz. § 11 Absatz 2 Satz 2 und 3 des Abfallverbringungsgesetzes gilt entsprechend.

§ 24 Verordnungsermächtigungen

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

  1. die näheren Anforderungen an die Prüfung nach § 20 Absatz 1 durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, Vertreiber, Hersteller, deren Bevollmächtigte und Behandlungsanlagen,
  2. weiter gehende Anforderungen an die Behandlung von Altgeräten, einschließlich der Verwertung, des Recyclings und der Vorbereitung zur Wiederverwendung, sowie Anforderungen an den Schutz personenbezogener Daten bei der Vorbereitung zur Wiederverwendung,
  3. die näheren Anforderungen an den Nachweis nach § 22 Absatz 4 Nummer 2, insbesondere Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob die vorgenommene Behandlung den Anforderungen nach § 20 gleichwertig ist, und
  4. zusätzliche Inspektions- und Überwachungsvorschriften bezüglich Verbringungen und einheitliche Bedingungen für die Durchführung von Anlage 6 Nummer 2
    festzulegen.

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