WEEE-Richtlinie 2012/19/EU: Grundlagen und internationale Rahmenbedingungen
Die WEEE-Richtlinie (WEEE = Waste of Electrical and Electronic Equipment) soll eine fachgerechte Entsorgung von Elektroaltgeräten innerhalb der EU sicherstellen. Folgende internationale Rahmenbedingungen müssen dabei in jedem Mitgliedsstaat durch individuelle nationale Lösungen umgesetzt werden:
Kostenübernahme durch die Hersteller
- Die Kosten für die Finanzierung von Sammel- und Verwertungssystemen werden durch die Hersteller und Vertreiber von Elektro-/Elektronikgeräten getragen.
- Für die Endverbraucher (B2C) ist die Rückgabe ihrer Altgeräte somit kostenlos
- In Deutschland geben die Hersteller im Sinne des ElektroG insolvenzsichere Garantien, für die Rücknahme und Entsorgung der von ihnen vertrieben Produkte
Registrierungspflicht
- Alle in den Verkehr gebrachten Elektrogeräte müssen im jeweiligen EU-Land registriert werden (Registrierungspflicht); dabei muss in allen Mitgliedstaaten ein Verzeichnis der registrierten Hersteller anlegt werden.
- Die Mitgliedsstaaten sind außerdem dazu verpflichtet, die Menge an auf den Markt gebrachten Produkten kontinuierlich zu erfassen (jährliche Berichterstattung)
- Registrierte Geräte müssen dementsprechend gekennzeichnet werden (Kennzeichnungspflicht)
Generell sind nur öffentlich-rechtliche Versorgungsträger, Hersteller und Bevollmächtigte dazu berechtigt, Elektrogeräte zu erfassen und Elektroschrott zu sammeln: Die gemeinnützige oder gewerbliche Sammlung (z.B. durch Schrotthändler) von gefährlichen Abfällen, wozu in der Regel auch Elektroaltgeräte zählen, ist untersagt.
Die WEEE-Richtlinie legt EU-weit-geltende Normen zur Behandlung von Elektro- & Elektronikgeräten fest.
Europäisches Recht, nationale Gesetze
Da es bis dato keine EU-weite zentrale Registrierungsstelle gibt, existieren für den Vertrieb und die Entsorgung von Elektro-/ und Elektronikaltgeräten Quoten, anhand derer die recycelten und verwerteten Mengen berechnet werden. Je nach Geräteart liegen diese zwischen 50 % und 80 %. Sofern Sie Ihre Produkte in mehreren EU-Ländern vertreiben möchten, müssen Sie Ihre Geräte also in jedem Land einzeln registrieren, um die vor Ort geltenden Herstellerverpflichtungen einzuhalten! Sonst drohen Ihnen hohe Bußgelder.
Probleme und Herausforderungen
Da jedes Land in Europa bzw. der EU seine eigene WEEE-Gesetzgebung hat, kann es aufgrund dieser Heterogenität zu verschiedenen Problemen im EU-Ausland kommen. Auch wenn die WEEE-Richtlinie einen grundlegenden rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Elektro-/Elektronik- (alt-)geräten bildet, sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten teilweise enorm. Das betrifft beispielsweise die Einteilung der Elektrogeräte in die verschiedenen Produktkategorien. Hinzu kommen oft auch sprachliche Probleme. Denn häufig ist die WEEE-Gesetzgebung im dementsprechenden Mitgliedsstaat nur in Landessprache verfügbar. Jeder Mitgliedsstaat muss zudem sicherstellen, dass Hersteller, die im eigenen Land vertreten sind, Bevollmächtigte in den anderen Mitgliedsstaaten benennen, eh sie dort Elektrogeräte bzw. Elektronikgeräte vertreiben.
Neue WEEE-Richtlinie 2012/19/EU – WEEE2
Bei der Richtlinie 2012/19/EU (WEEE2) vom 4. Juli 2012 handelt es sich um eine Novellierung der ursprünglichen WEEE-Richtlinie 2002/96/EG. Sie trat am 14. August 2012 in Kraft und sollte bis zum 14. Februar 2014 durch die Länder in nationales Recht umgesetzt werden. Die tatsächliche Umsetzung der Änderungen erfolgte stufenweise. Die letzten Änderungen traten am 15. August 2018 in Kraft.
WEEE-Richtlinie: 2018 brachte entscheidende Neuerungen
Als eine der wichtigsten Änderungen der neuen WEEE-Richtlinie 2012/19/EU erfolgte am 15. August 2018 die bis heute gültige Umstellung auf den offenen Anwendungsbereich (Open Scope). Damit fallen grundsätzlich alle elektrischen und elektronischen Geräte unter die Registrierungspflicht gemäß WEEE-Richtlinie. 2018 stellt somit einen Wendepunkt dar: Schließlich sind seitdem deutlich mehr Geräte registrierungspflichtig als noch unter der alten Richtlinie 2002/96/EG. So gilt die Pflicht seit 15. August 2018 beispielsweise auch für Möbel und Bekleidung beziehungsweise Textilien mit elektrischen Funktionen.
Neue Gerätekategorien gemäß Richtlinie 2012/19/EU – WEEE2
Mit der Novellierung wurden die Kategorien für recyclingpflichtige Geräte in der WEEE-Richtlinie neu definiert. Seit Umstellung auf den offenen Anwendungsbereich (Open Scope) gelten die folgenden sechs Gerätekategorien.
- Wärmeüberträger
- Bildschirme, Monitore und Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 cm² enthalten
- Lampen
- Geräte, bei denen mindestens eine der äußeren Abmessungen mehr als 50 cm beträgt (Großgeräte)
- Geräte, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 cm beträgt (Kleingeräte)
- Kleine Geräte der Informations- und Telekommunikationstechnik, bei denen keine der äußeren Abmessungen mehr als 50 cm beträgt
Diese Änderung gilt nicht ausschließlich für nach Novellierung der WEEE-Richtlinie neu erfolgten Registrierungen, sondern wirkt sich auch auf alle bestehenden Registrierungen vor der Umstellung auf den offenen Anwendungsbereich aus. Hersteller mussten bis zum 31.12.2018 selbst prüfen, ob eine Registrierung in einer neuen Geräteart gemäß WEEE-Richtlinie 2012/19/EU notwendig war und ob eine zusätzliche oder ersetzende Registrierung benötigt wurde.
WEEE-Richtlinie: Umsetzung in nationales Recht
Die Situation in Deutschland: Was regelt das Elektrogesetz?
Die Umsetzung der WEEE-Richtlinie 2012/19/EU erfolgt in Deutschland durch das Elektrogesetz (ElektroG). Folglich werden durch das ElektroG das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten geregelt.
Wer braucht eine WEEE-Nummer?
Das Elektrogesetz sieht vor, dass sich jeder Hersteller und Inverkehrbringer von Elektro- und Elektronikgeräten bei der stiftung elektro-altgeräte register (stiftung ear) registriert und eine entsprechende WEEE-Nummer führt. Auch wenn die WEEE-Nummer in der Regel stets gleichbleibt, muss jeder Gerätetyp beziehungsweise jede neue Marke eines Herstellers separat bei der stiftung ear registriert werden. Ein Nichtnachkommen dieser Pflicht kann eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung und eine Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro nach sich ziehen.
Was ist eine WEEE-Nummer?
Bei der WEEE-Nummer handelt es sich um eine Herstellernummer, die nach einer erfolgreichen Registrierung bei der stiftung ear vergeben wird. Sie ist als eine Art Benutzer- oder Kundennummer zu verstehen, die auch für zukünftige Produktregistrierungen verwendet werden kann. Die Nummer setzt sich zusammen aus …
- einem Länderkürzel (bspw. „DE“ für Deutschland)
- einer 8-stelligen Ziffernfolge
Die WEEE-Nummer muss auf Rechnungen sowie beim Produktverkauf angegeben werden. Da es sich bei der stiftung ear um das offizielle Verzeichnis aller registrierten Elektrohersteller (bzw. derer Bevollmächtigten) in Deutschland handelt, können sämtliche Hersteller mithilfe der Nummer in der Datenbank online eingesehen werden. Auf diese Weise lässt sich leichter überprüfen, ob die WEEE-Richtlinie auf nationaler Ebene auch tatsächlich umgesetzt wird. Im Zweifelsfall besteht die Möglichkeit, eine bereits erteilte Registrierung zu widerrufen.
Wer muss Elektrogeräte zurücknehmen?
In Deutschland müssen stationäre Händler, die Elektrogeräte an Endnutzer verkaufen oder abgeben, Elektro-Altgeräte annehmen, wenn sie pro Geschäft mindestens 400 m² Verkaufsfläche (Grundfläche; nicht Regalfläche) für Elektrogeräte nutzen. Bei Online-/Versandhändlern wird die Lager- und Versandfläche (pro Standort) herangezogen: Entfallen 400 m² davon auf Elektrogeräte, so sind geeignete Rückgabemöglichkeiten für Elektro-Altgeräte „in zumutbarer Entfernung zum Kunden“ zu schaffen.
Zurückgenommen werden müssen nur Geräte, die in privaten Haushalten genutzt werden können. Dabei hat die Rücknahme beim Verkauf eines Elektrogerätes der gleichen Geräteart unentgeltlich zu erfolgen (1:1-Rücknahme). Übersteigt keine der äußeren Abmessungen des Elektro-Altgerätes eine Länge von 25 cm, so sind unabhängig vom Verkauf eines Elektrogeräts bis zu fünf Geräte (pro Kunde) unentgeltlich zurückzunehmen (0:1-Rücknahme). Weitere Informationen für Händler und Verkäufer liefert der Flyer „Elektro-Altgeräte-Rücknahme im Handel“ von der stiftung ear.
Andere Länder, andere Sitten: Umsetzung der WEEE-Richtlinie im europäischen Ausland
Während die Implementierung der WEEE-Richtlinie in Deutschland durch das Elektrogesetz (ElektroG) geregelt ist, gelten in anderen EU-Ländern wiederum andere nationale Gesetze. Im Folgenden zeigen wir Ihnen, was Sie beim Export in andere EU-Staaten beachten müssen.
Österreich
Wer Elektro-/Elektronikartikel in Österreich in den Verkehr bringen möchte, für den gilt die so genannte „Verordnung über die Abfallvermeidung, Sammlung und Behandlung von elektrischen und elektronischen Altgeräten“ (EAG-VO), die große Ähnlichkeit mit dem deutschen ElektroG aufweist. Registrierung und Beantragung der WEEE-Nummer erfolgen hier direkt beim Umweltbundesamt. Die Kosten fallen dabei aber deutlich niedriger aus als in Deutschland.
Niederlande
In den Niederlanden ist die Unterscheidung zwischen gewerblich und privat genutzten Elektro-/ Elektronikgeräten ausschlaggebend für die anschließende Entsorgung und Wiederverwertung. Für die Rücknahme von Elektroschrott aus Haushalten (B2C) ist in den Niederlanden der Händler zuständig. B2B-Geräte müssen hingegen direkt bei den Produktherstellern abgegeben werden.
Die Einteilung in B2C- und B2B-Geräte erfolgt anhand einiger simpler Kriterien, wie z.B. dem Gewicht oder der Größe des Gerätes.
Dänemark
Anders als in den restlichen Ländern sind hier die lokalen Behörden für die Rücknahme von Elektroschrott verantwortlich. Diese Regelung betrifft sowohl Privathaushalte (B2C) als auch gewerblich genutzte Elektro- und Elektronikgeräte (B2B). Die Altgeräte werden dabei entweder
- einer von der jeweiligen Gemeinde zur Verfügung gestellten Sammelstelle
- von der Gemeinde selbst (oder einem von der Gemeinde beauftragen Unternehmen) beim Endverbraucher abgeholt
Großbritannien
Im Vergleich zu anderen EU-Staaten hat die Umsetzung der WEEE-EU-Richtlinie in britisches Recht relativ lange gedauert. Laut den Waste Electrical and Electronic Equipment Regulations ist jeder Hersteller und Vertreiber von Elektro- und Elektronikgeräten seit 2006 dazu verpflichtet, einem der 40 Producer Compliance Schemes (PCS) beizutreten, die anschließend alle Aufgaben und Verpflichtungen, die sich aus der WEEE Richtlinie ergeben, übernehmen. Dazu gehören:
- Finanzierung sämtlicher Sammel-, Behandlungs- und Entwertungskosten
- Entsorgung und Wiederverwertung der Elektroaltgeräte
- Registrierung und jährliche Mengenberichterstattung
Darüber hinaus gilt für Händler in Großbritannien die so genannte „In-Store-Rücknahmepflicht: Beim Verkauf eines neuen Produkts, sind Sie alle dazu verpflichtet, ein altes Elektro-/Elektronikgerät aus derselben Kategorie entgeltfrei zurückzunehmen – es sei denn Sie haben zuvor einen Unkostenbeitrag an das Händler-Rücknahme-System entrichtet.
WEEE-Richtlinie: Regelungen in Nicht-EU-Ländern
Aktuell gibt es auch in vielen Nicht-EU-Ländern gesetzliche Regelungen und Rahmenbedingungen, die große Ähnlichkeiten mit der WEEE-Richtlinie aufweisen, so etwa in der Schweiz, in Norwegen oder in Liechtenstein. In der Schweiz beispielsweise regelt dies die „Verordnung über die Rückgabe, die Rücknahme und die Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte“ (VREG). In Norwegen wird die Richtlinie in den Abfallrecycling und -behandlungsvorschriften (Abfallbestimmungen) („Forskrift om gjenvinning og behandling av avfall (avfallsforskriften)“ umgesetzt..
Weitere Informationen zu nationalen Umsetzungen der WEEE-Richtline finden Sie auch in unserem Blog!
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